Um es vorweg zu sagen: Ich bin der Klassenfeind. Ich bin selbständig. So etwas wie ein Arbeitgeber. Dennoch: Eigentlich halte ich Gewerkschaften für eine sinnvolle Einrichtung.

Nachdem aber scheinbar auch bei den Gewerkschaften so mancher Führende erst die Bodenhaftung und dann jegliche Scham verloren hat, sich die Ausrichtung der gewerkschaftlichen Meinung schon lange nicht mehr nach volkwirtschaftlichem Wohlstand sondern vor allem dem der eigenen immer kleiner werdenden Klientel richtet, seit diesem Moment habe ich den Glauben an diese so segensreiche Institution(en) verloren und kann auch nur jedem raten: Lasst die Finger davon. Die Arbeiten nicht für Euch, sondern benutzen Euch um ihren Status zu behalten. Aber, wie gesagt, ich bin der Klassenfeind.

Umso erstaunter war ich, als Freitag letzter Woche ein mit 33 Cent frankiertes Werbeschreiben der IG Metall meinen Briefkasten füllte.

„Gemeinsam stehen wir für betriebliche, soziale und tarifliche Verbesserungen und sorgen dafür, dass jeder Einzelne zu seinem Recht kommt. Mit Erfolg: Die Tarifrunde 2006 beweist erneut ….“

Ob es eine bewusste Konfrontation ist, die noch mal an die gestiegenen Lohnkosten der Mitarbeiter beim Klassenfeind aufmerksam machen soll, oder ob es einfach ein Fehlläufer ist, ist schwer zu sagen – ich habe jedenfalls die großartige Möglichkeit meinen Arbeitsplatz per Internet Schnell-Check zu durchleuchten. Das Ergebnis der kurzen 5 Fragen zu meinem Arbeitsplatz:

„Naja! Ihre Arbeitsbedingungen sind scheinbar gar nicht so schlecht, könnten aber dennoch besser sein… Nehmen Sie einfach Kontakt mit der IG Metall auf – wir beraten Sie gern.“

Apropos beraten. Ein Blick auf den Inhalt des Schreibens, des Kind gerechten IG Metall „Ziehen Sie mit“ & „Gemeinsam stark“ Folders (viel Spiel, große bunte Bilder) verrät uns auch die Kernkompetenzen der IG Metall. Wir sorgen für mehr Einkommen. Auch wenn es nicht unbedingt besser wird, wenn es öfter wiederholt wird, so scheinen die Argumente für einen Eintritt in die Gewerkschaft (nur monatlich 1% vom Bruttolohn) doch eher wenige zu sein. Wir sorgen für mehr Einkommen, wir sorgen für Beratung innerhalb Ihres Betriebs.

Das freut uns alle sehr. Entspricht aber mehr oder weniger den gesetzlichen Rahmenbedingungen und mutet ein bischen so an, als müsste sich den bunten Bildern der Broschüre noch das bunte Denken der Globalisierung annähern. Gewerkschaften wie Unternehmen müssen einen Mehrwert bieten, wollen sie auch in der Zukunft einen Nutzen bieten und Nachfrage nach Ihrem Produkt Ihrer Dienstleistung erhalten.

Die Unternehmen haben bereits verstanden – ob der Niedergang der Gewerkschaften aufzuhalten ist bleibt abzuwarten. Mit bunten Prospekten und markigen Sprüchen werden sich die Menschen nicht mehr länger bei Laune halten lassen. Neue Inhalte müssen her, Inhalte, die das Wohl vieler Menschen zum Ziel haben, nicht nur das Wohl der Mitglieder, die noch geblieben sind, quasi die Letzten die noch in die Gewerkschaftskassen einbezahlen.

Neue Ideen braucht die IG Metall – ein neues Selbstverständnis die Gewerkschaftslandschaft